Nu ist ja Herbst und dit ist endlich een bisschen kühler geworden. Dit ist een Glück, denn nu kann ick rumrennen, ohne dass mir gleich die Zunge een Meter weit ausm Maul hängt. Ick trage mein Fell jetzte ooch wieder länger. Dit hat zur Folge, dit die Menschen uff die Straße mir nicht mehr hinterherrufen, dit ick aussehe wie een Schaf. In diese Jahreszeit teilen mir Menschen gern mit, dit ick aussehe wie een Eisbär. Ick bin mir nicht sicher, wat von beiden – also Schaf oder Bär – ick besser finden soll.
Een Schaf zu sein, ist bestimmt nicht gerade schön. Erst scheren sie einem ständig dit Fell ab. Dit würde mir wahnsinnig machen. Ick kann ja Friseur nicht leiden. Dabei ist meine Friseurin echt nett zu mir. Die gibt mir sogar wat zu naschen. Bei die Schafe ist dit nicht der Fall. Da muss dit schnell gehen, ob so een Schaf nu will oder nicht. Bei die Schafe schneiden die schon ooch mal in die Haut rin und dit tut weh. Und dann kriegen die Schafe ihre Babys weggenommen, weil die Menschen unbedingt Lamm essen wollen. Also uff die Idee, Säuglinge umzubringen, muss man ooch erstmal kommen. Die Schafmütter suchen ihre Babys noch tagelang und rufen nach die. Da sind die Lämmchen aber schon längst abgeschlachtet und uffgegessen. Manchmal beschleicht mir die Angst, dit die Abartigkeit von die Menschheit keene Grenze kennt. Schafsein ist nüscht für mir. Da kann ick mir echt wat Schöneret vorstellen.
Bären sind uff jeden Fall stark und wild. Mit diese Dinge kann ick mir anfreunden. Ick habe mal gelesen, dit bei die amerikanische Börse een Bär und een Stier davorstehen tun. Also jetzte nicht in echt, sondern in Bronze. Da ist der Bär aber een schlechtes Zeichen, weil seine Pranke den Kurs runterhauen tut. So wat kann ick mit meine Pfote nicht. Jedenfalls habe ick dit noch nie probiert. Dit ick so wat nicht kann, liegt vielleicht ooch da dran, dit ick eben een Hund bin. Wäre ick een Eisbär, würde ick in meine weiße Heimat ständig von die Scholle runterfallen, weil die unter mir wegschmelzen tut. Wat zu fressen findeste als Eisbär ooch nicht mehr. Da oben, wo die wohnen, ist dit nicht so komfortabel wie bei mir zu Hause. Ick kriege einfach morgens und abends mein Futternapf hingestellt und da ist immer wat drinne. Für mein Geschmack könnte dit mehr sein, aber dit ist echt een Luxusproblem im Vergleich zu die Eisbären. Manche von die Eisbären müssen in een Zoo leben. Aber wennde jetzt denkst, dit ist besser, haste dir gewaltig geschnitten. Die Eisbären haben in ihrn Zuhause im Eis so richtig große Reviere, also noch viel größere als dit von mein Kumpel Rowdy, dem Rottweiler, der bei mir im Bezirk mit Abstand dit größte Revier hat. Die Eisbären in Zoo sind aber in een Gehege eingesperrt, dit viel kleiner ist als Rowdys Revier und noch viel winziger als die Reviere von die Eisbären oben in die Kälte, wo die hingehören. Zwar kriegen die in Zoo regelmäßig Futter, aber tauschen willste mit denen garantiert nicht. Hier in Berlin war dit den ganzen Sommer so heiß, dit ick schon kaum Spaß hatte. Wie geht dit denn erst so een Eisbär? Deshalb sterben die Eisbären im Zoo ooch immer ruckizucki weg, besonders wennse noch Kinder sind. Dit ist ja ooch een elendiges Leben, so in eene Gefangenschaft drinne. Überhaupt ist mir dit unklar, warum die Zooleute die Eisbären ooch noch Kinder machen lassen. Damit dit Leid nie een Ende hat? Die Bärchen bleiben für den Rest von ihr Leben in een Gehege eingesperrt, latschen so von links nach rechts und wieder zurück und irgendwann geben sie uff und latschen gar nicht mehr. Een starket, wildet, freiet Raubtier aus dem Eis bei 40 Grad plus in een Zoo! Eisbär sein? Nee danke. Nicht, wenn Menschen in die Nähe sind.
Als Schaf wirste gefressen, als Eisbär stirbste draußen an Hunger oder im Zoo an Langeweile. Da kann ick echt froh sein, dit ick vielleicht so aussehe, aber in die Wirklichkeit een Hund bin. Ick gloobe, damit habe ick dit ganz gut erwischt.
Euer Alfons
(Meine hier jeäußerte Meinung zu die Haltung von Eisbären und Schafen gibt unbedingt ooch die Auffassung von die BMT GST Berlin wieder. Dit hier
wurde im Zuge von die Meinungsfreiheit veröffentlicht und begründet sich in meine artspezifische Wahrnehmung als Canis lupus familiaris. Alfons)
Johanna Stein